Traumland Australien - In Schwarz entführt

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~*~ Chapter Eleven ~*~

 

 

>>Yuyouji Clifford war ein Mädchen, dass stets fröhlich war, andere immer aufmuntern und nie Nein sagen konnte. Sie war eine hervorragende Duellantin, ein Mädchen mit Ehre, Stolz und Witz. Nicht zuletzt war sie ein wirklich wunderbarer Mensch, und viele hatten das Glück, sie kennen zu lernen...<<

Weit über das Gelände der Akademieinsel hörte man die dritte Abschiedsrede der Trauerfeier. Noch vier weitere waren angemeldet.

Jaden seufzte. Er stand an einen Baum gelehnt weit hinter den vielen Reihen von Bänken, die man anlässlich auf dem großen Platz vor der Akademie aufgestellt hatte. Alle Schüler saßen, bis auf wenige Ausnahmen, still auf ihren Plätzen, lauschten den Reden, weinten, klatschten nach den Ansprachen, oder flüsterten mit ihrem Nachbarn. Jeder war vollkommen in schwarz gekleidet, nur einer nicht – Jaden selbst. Er war normal angezogen, er hatte nicht vor, an der Trauerfeier teilzunehmen. Nicht mehr. Schon in der ersten Rede war von tragischem Selbstmord die Rede gewesen. Ohne Umschweife hatte Jaden Abstand von der Veranstaltung gesucht. Er war sich umziehen gegangen und danach zu diesem Platz gekommen. Er konnte von Edea, nun vielmehr nur noch Yuyouji Clifford, keinen Abschied nehmen. Sie war ermordet worden. Selbstmord! Jaden lachte bitter auf. Solange so eine Lüge noch über der Sache hing, ging es einfach nicht. Der geniale Arzt der Schule hatte festgestellt, dass sie eine mit Säure versetzte Pille geschluckt haben musste. Woher sie gekommen war? Keine Angabe, also auch kein Verschulden. Aber - Unschuldig? Nie und nimmer.

<Youji sagte: Er ist es. Sie meinte den Arzt. Meinen angeblichen Vater. Pah! So sieht mein Vater nicht aus, mein Vater ist in den USA. So eine dreiste Lüge. Dass das keinem aufgefallen ist? Verdammt. Und jetzt sitzt dieser verdammte Mistkerl da vorne rum und tut so als ob es ihm leid tut, er spielt allen was vor!!>

Jaden ballte seine Hände. Dieser Mörder kam damit durch, wenn er nichts tun konnte!! Klar war er bei Sheppert gewesen, er hatte ihm alles, naja, fast alles, also ziemlich viel erzählt, aber Sheppert hatte nur zu ihm gesagt: >>Ist gut Jaden. Du bist verwirrt, du weißt nicht warum deine Freundin das gemacht hat, ich kann dich verstehen. Aber du darfst keinem die Schuld daran geben, Jaden, hörst du?<< Er hatte versucht zu widersprechen, zu erklären, aber Sheppert hatte ihn heraus geschickt. Er hatte ihn genauer gesagt fast rausgeworfen, weil er sich so aufgeregt hatte.

>>Jaden?<<

Der Braunhaarige drehte sich um. Chazz stand vor ihm. Ein kurzer Blick reichte, und Jaden ging an ihm vorbei, die Anhöhe mit dem Baum herunter Richtung Stand. Chazz kam hinter ihm durch das hohe Gras gelaufen. Es lag wie die ganze Seite der Insel in rotem Sonnenlicht. Die Sonne würde in einer halben Stunde untergehen.

>>Jaden, warte!<< Chazz beschleunigte sein Schritte, und lief neben Jaden hinterher. Dieser sah stur geradeaus.

>>Warum gehst du mir aus dem Weg?<<

Jadens Kopf zuckte ein wenig. >>Ich geh dir nicht aus dem Weg.<<, kam es tonlos von ihm.

>>Nein<<, meinte Chazz, >>Du gehst absolut allen aus dem Weg.<< Jaden blieb abrupt stehen und sah Chazz in die Augen. >>Was?<< Eine Windböe aus Richtung Meer fegte über die Anhöhe, und verwirbelte die Haare der beiden Jungen. Jaden blinzelte, seine braunen Haare flogen ihm ins Gesicht.

>>Du gehst allen aus dem Weg. Du lässt keinen an dich ran, seit sie tot ist. Du schottest dich total ab.<<

>>Tue ich nicht.<<

>>Wann warst du das letzte mal bei irgendeiner Mahlzeit?<<

Keine Antort.

>>Du magerst total ab.<<

>>Kann dir doch egal sein.<<

>>Ist es aber nicht!<<

>>Lass mich in Ruhe.<< Jaden drehte sich weg und lief weiter Schritt für Schritt in Richtung Strand, bis er auf den Sand traf. Er lief bis an den Rand der Wellen heran, und blieb stehen. Chazz beobachtete ihn. Die letzten drei Tage hatte er ihn gar nicht gesehen. Er hatte schon Angst gehabt, ihm sei was passiert. Überhaupt nirgendwo war er aufgetaucht, keine Veranstaltung, Unterricht so wie so nicht, zu keiner Tageszeit war er beim Essen erschienen. Kaum einer konnte Chazz sagen, er hatte ihn gesehen. Für Chazz war es purer Zufall, dass er Jaden ausgerechnet jetzt wieder fand. Aber auch Glück. Er wollte eigentlich mit dem Jüngeren reden, aber...

>>Dem geht es ja richtig mies... naja, kein Wunder...<< Er fuhr sich seufzend durch die Haare. <Soll ich ihn jetzt in Ruhe lassen, oder... wartet er vielleicht doch auf mich?> Er schloss für einen Moment die Augen, um die warmen Sonnenstrahlen ein wenig auf seine Entscheidung wirken zu lassen, und als er sie wieder öffnete, sah er wie Jaden ihn ansah. Der Kleiner kniete im Sand und sah ihn einfach nur an. Er ließ sich nicht von dem Wind stören, der ihm Sand ins Gesicht blies, oder von den Wellen, die mittlerweile seine Schuhe unterspülten. Der Blick war eindeutig. Jaden weinte. >>Chazz!<<, rief er und ließ den Kopf sinken. Sofort kam der Ältere zu ihm gerannt.

>>Jaden...<< Der Schwarzhaarige ließ sich neben ihn in den Sand sinken. Jaden fiel ihm in die Arme.

>>Warum?<<, fragte er, und seine Stimme klang mehr als nur verheult –richtig verzweifelt. >>Warum bloß?!<<

Chazz schloss die Arme um den Jüngeren und legte den Kopf an seinen. >>Sssch, ist ja gut Jaden.<<

>>Warum glaubt mir denn keiner?! Warum sagen sie alle, es wäre Selbstmord gewesen? Warum merkt denn keiner, dass er nur spielt?! Er spielt uns allen etwas vor! Warum musste sie sterben? Ich wollte noch so viel mit ihr besprechen... Und warum hat sie mir bloß solche Fragen gestellt, warum hat sie sowas interessiert? Sie war am sterben! Warum... Warum hat sie sowas gesagt? Cell...<<

Jaden vergrub seinen Kopf in Chazz Pullover. <Cell? Er nennt mich Cell? Das... hat er noch nie so gemacht...> Etwas verwundert, über die Andeutungen und den Namen, strich Chazz Jaden über den Rücken.

>>Warum... warum hat sie mir das gesagt...<<

>>Was?<<, fragte Chazz einfühlsam, leise und nicht aufdringlich. Ganz sanft. Jaden hob den Kopf, und sah dem Schwarzhaarigen tief in die Augen. >>Du bist doch nicht schwach?<< Chazz sah etwas verwirrt aus. >>Schwach?<<

>>Und du... du verrätst niemanden?<< Jetzt sogar noch eine Spur mehr. >>Wen denn verraten?<<

>>Und du bist nicht der Nächste...?<< Die Tränen rollten Jaden die Wangen hinunter.

>>Der Nächste?<<, etwas entsetzt sah Chazz Jaden an, >>Was meinst du damit? Jaden!<< Er hob die Arme an die Oberarme des Kleineren und Jüngeren. >>Was heißt, ich bin der Nächste?<<

>>Sie... sie hat es gesagt...<<

>>Edea?<<

>>Youji... Cell, ich will dich nicht verlieren!<< Wieder fiel er tief in die Arme des Größeren. Dieser schlang sie um den kleineren Körper und atmete tief durch. Sein Gesichtsausdruck war nicht so begeistert.

>>Keine Bange, ich lasse dich schon nicht allein.<<, wisperte er in Jadens Ohr. Der nickte in den Pullover hinein.

>>Wir kriegen diesem Dreckskerl. Ich verspreche es dir.<<

>>Ja...<<, schluchzte Jaden.

Chazz tröstete den Kleineren noch eine Weile, bis dieser sich wieder beruhigt hatte. Erstmals erfuhr Chazz den kompletten Ablauf der Dinge, wie sie leider geschehen waren, und Jaden äußerte ein paar Verdachte, welche Chazz nur bestätigte. Was den Schwarzhaarigen aber wunderte, war eins: Warum konnte Jaden sich wieder an alles erinnern?

Beide saßen sich im Sand gegenüber. Chazz musste einfach fragen: >>Jay?<<

>>Nenn mich Laundry. Aber nur wenn wir alleine sind.<<, sagte Jaden leise. Er ließ etwas Sand durch seine Hand rieseln. >>Okay?<<

>>Okay<<, nickte Chazz etwas erstaunt. >>Seit wann erinnerst du dich wieder an alles? Das hast du nicht gesagt.<<

Jaden sah ihn kurz an. Doch schnell richtete er seinen Blick aufs Meer. >>Naja, das war in dem Zimmer, in dem unterirdischen System. Nachdem du mir gesagt hattest, du... müsstest mich umbringen, da hat sich in mir was geregt. Und dann kam plötzlich immer mehr wieder. Und deshalb bin ich dann auch abgehauen.<<

>>Zu Edea...<<

>>Sag Youji. Sie lebt nicht mehr, deshalb möchte ich über sie mit ihrem richtigen Namen reden.<<

Chazz nickte. >>Ja, ist verständlich.<< Dankbar lächelte Jaden Chazz kurz zu. Er wischte sich nochmal über die Augen. >>Naja, und was dann passiert ist habe ich dir ja gerade erzählt.<<

>>Ja...<<

>>Ich kann mich an alles erinnern, auch dass du mir damals schon gesagt hast... du müsstest mich umbringen. Aber an eins kann ich mich nicht erinnern – an einen Grund.<<

>>Einen Grund...<< Chazz sah in den Sand, als ob dieser das Antworten für ihn übernehmen könnte. >>Der Grund ist...<<

>>Ja?<<

>>Das...<<

>>Das...?<<

>>Sag mir erstmal was du mit diesem Satz gemeint hast.<<

>>Satz? Welcher? Ah!! Hey, wechsle nicht das Thema!<<

>>Der Satz denn du mir ins Ohr geflüstert hast... bevor du gegangen bist.<<

>>Cell... du wechselst das Thema...<<

>>Dann geh doch einfach mit.<<

>>Nein! Ich will den Grund wissen! Ich lasse mich schließlich nicht ohne Grund umbringen.<<

>>Es wird dich ja auch niemand umbringen.<<

>>Aber du sollst es tun.<<

>>Ja...<< Chazz verstummte. Jaden sprach ihn noch ein paar Mal an, aber bei dem Thema schwieg er ich aus.

>>Was ich gemeint habe?<<

Jetzt regte Chazz sich wieder. >>Ja.<<

>>Na das was ich gesagt habe.<<

>>Was du gesagt hast...? Aber das hilft mir nicht weiter. Das war’n Rätsel.<<

>>Erfasst.<<

>>Zeig mir wie man’s löst.<<

>>Keine Lust. Ich - habe gerade was anderes vor...<< Mitten im Sprechen hatte Jaden auf die Anhöhe geschaut, und er Rest seines Satzes kam ihm nur langsam über die Lippen. Er stand auf. >>Ich muss los.<<

>>Warum musst du immer los? Können wir nicht mal zusammen irgendwo hin?<<

>>Nein. Bis später.<<, sagte Jaden, ohne ihn anzusehen, und lief über die Anhöhe mit dem grünen Gras, das die wirklich allerletzten Sonnenstrahlen abbekam. Chazz stand auf und sah ihm hinterher. Sein Blick wurde finster. >>Es tut mir so leid, mein Kleiner...<<, flüsterte er, bis sich auf die Lippe, und wenige Sekunden später senkte sie sanft die erste leichte Dunkelheit über den Strand und umfing den Schwarzhaarigen. >>...Aber du träumst einfach nur.<<

 

>>Ich muss Neo finden.<<, sagte Jaden immer wieder zu sich selbst, als er durch die Masse der Menschen rannte, die nach der Trauerfeier in Trauben geteilt war. Dort standen ein paar alte Freunde, hier sah er Aneda, etwas weiter in der Mitte sah er Tash. Aber nirgends konnte er Neo finden!

Er verließ die Trauerfeier und sah sich in der Gegend um das Schulgebäude um. Ab und zu sah er schwarze Gestalten – nicht mehr als Trauergäste oder Schüler in ihren besten Sachen. Es war schon dunkel, als Jaden auf etwas Helles im Waldstück am nächsten an der Schule aufmerksam wurde.

>>Was das wohl ist?<<, fragte er sich und nahm Kurs auf den leuchtenden Wald. Auch mit noch etwa zwanzig Metern Entfernung erkannte Jaden, dass es Feuer war. Normales Feuer. Fackeln?

Ja, erkannte Jaden als er auf einen Weg kam, dessen Rand von den Fackeln gesäumt war. >>Wofür ist das?<<, flüsterte er staunend und ging den Weg entlang. Soweit er sehen konnte, war nur der Weg, geführt und nur berührt von den Fackeln, die in schimmerndem Rot flammten, und den Weg in ein unheimliches Licht warfen. Der Weg führte weiter und weiter. Vielleicht hätten einige sogar schon aufgegeben, dachte Jaden einen Moment lang, aber dann kratzte er sich am Kopf. So groß war diese Insel wirklich nicht...

Doch irgendwann kam er dann an das Ende des Weges. Der Strand, in Fackellicht getaucht. Roter Sand, glitzerndes Wasser. >>Wo bin ich denn hier rein geraten?<<, fragte Jaden sich Kopf schüttelnd und seufzend. >>Volle Fehlanzeige.<< Er wollte sich umdrehen, als er plötzlich von irgendwo her Musik hörte. Romantische Musik...

>>Oh. Mein. Gott.<<, stockte Jaden nur. War er schon wieder in eine Falle gestolpert oder was sollte das alles?

Nun drehte er sich trotzdem wieder in Richtung des Weges, und dort erblickte er eine Silhouette. >>Oh-Oh.<<

>>Jaden.<<, hörte er eine Stimme. Eine zu bekannte Stimme. >>Oh nein, wie kann sie jetzt so drauf sein?<<, fragte Jaden sich peinlich berührt.

Alexis trat zu ihm hervor. >>Jaden.<<

>>Ja...<<, zog er lang.

>>Schön, das du da bist.<<

>>Hast du mich erwartet?<<

>>Ja, natürlich.<<

>>Warum?<<

Alexis blickte ihn seltsam an. >>Hat Chazz dir nichts gesagt?<<

>>Chazz? W-achso. Äh, nein, ich habe ihn... gar nicht gesehen wenn ich ehrlich bin.<<, log Jaden.

>>Na, egal. Du bist trotzdem gekommen. Als wärst du geführt worden...<<

>>War bei den Fackeln nicht schwer...<<

Beide sahen sich an. Alexis hatte einen verträumten, unberechenbaren Ausdruck in den Augen liegen. Das ließ Jaden ins Schwitzen geraten. Er konnte sich vorstellen, was das Mädchen vorhatte. Aber wie geschmacklos konnte man sein? Einen Schwulen am Tag der Beerdigungsfeier seiner besten Freundin zu verführen... so dumm konnte doch nur sie sein!!

>>Jaden, du weißt, was ich will, oder?<<

>>Aber das hatten wir doch schon geklärt, das weißt du doch...<<

>>Du... was meinst du?<<

>>Naja, damals der Abend da, und dann in den Bergen, also ich meine...<<

>>D-du erinnerst dich?!<< Erschrocken wich sie gleich drei Schritte zurück. Bingo! Jaden hatte Recht gehabt mit seiner Vermutung, und Alexis damit wohl ein ganzes Stück von ihrem Vorhaben abgebracht.

>>Tut mir leid...<<

>>Jaden!<< Sie kam wieder auf ihn zu, diesmal berührte sie mit ihren Fingern seine Brust.

>>Ich kann nicht, dass weißt du.<<

>>Nein, weiß ich nicht...<< Sie lehnte sich ganz an ihn und strich mit den Fingern verdächtig über die Jacke von Jaden. >>Alexis, bitte i-<<, wollte er gerade beginnen, als sie ihm die Jacke herunter riss und sich so stark gegen ihn lehnte, dass sie ihn mit in den Sand riss.

>>Alexis!<<, fuhr Jaden sie an, als er realisierte, dass sie sich auf ihn gesetzt hatte. >>Was soll das denn?<<

>>Jaden! Ich liebe dich! Und wir beide wissen, dass du mich auch liebst! Jaden!!<<, bettelte sie ihn und kam mit ihrem Gesicht immer näher an den Jungen heran. >>Nein, das stimmt nicht!<<

>>Doch! Sie es ein!<<

>>Es stimmt nicht!!<<

>>Ich beweise es dir...<< Sie kam Jaden immer näher, der versuchte den Kopf weg zudrehen, und als ihre Lippen fast seine berührten, stieß er sie von sich runter. Er sprang auf, zog dabei seine Jacke von den Armen her wieder hoch und rannte den Weg der Fackeln entlang wieder zurück. Hinter ihm hörte er Alexis‘ Rufe: >>Jaden! Warte! Es war nicht so gemeint! Es tut mir Lied wenn es dir zu schnell ging! Jaden! Bleib stehen! Jaden! Es tut mir leid! Komm zurück! Jaden!!!<< Sie schrie fast panisch, und Jaden glaubte hören zu können, wie ein paar Vögel aus ihren Bäumen fielen.

>>Son Mist!<<, fluchte Jaden. >>Immer renne ich mitten in sowas rein! Ich hab nur Zeit verloren!<< Er rannte aus dem Weg hinaus auf die Wiese vor dem Waldstück hinaus. Er blieb erstmal keuchend stehen. Unwillkürlich kam Jaden wieder so wenn unpassender Gedanke: <Wenn das Cell jetzt gesehen hätte...>

Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. >>Und jetzt? Ob er schon in seinem Zimmer ist? Da komm ich doch nie rein...<< Er seufzte und holte zum letzten Mal richtig tief Luft. Er lief in Richtung Schulgebäude, über die hundert Meter Wiese, und schon von Weitem sah er, dass ein Auto vor dem Eingangsbereich stand. Ein paar Personen unterhielten sich im Licht der Autoscheinwerfer. Man brachte bestimmt jemanden zur Fähre. Aber so spät noch?

>>Merkwürdig...<<, bemerkte Jaden. Er schlich sich näher heran – um diese Uhrzeit hatte er eigentlich nichts mehr draußen verloren. Die letzten Nächte hatte er in einem freien Zimmer in der Slifer Red Unterkunft unbemerkt verbracht. Eine Frage war auch, ob er dort auch diese Nacht schlafen sollte. Aber das war jetzt erstmal Nebensache. Er hatte den Arzt ausgemacht. Zusammen mit Sheppert und drei anderen Männern. Sie redeten, es klang ernst. Die Männer gingen in das Schulgebäude, und in dieser Zeit unterhielten sich Sheppert und der Kerl alleine. Jaden kroch in ein Gebüsch am Eingang um die beiden hören zu können.

>>Also kommen sie erst in ein paar Wochen wieder?<< Sheppert’s Stimme drang an Jadens Ohr.

>>Ja, ich muss noch einiges erledigen Zuhause.<<

>>Und ihr Sohn? Verabschieden sie sich nicht?<<

>>Ach nein, ich denke es ist ganz gut so wie es momentan ist.<<

>>Diese Sache mit der Schülerin war wirklich eigenartig.<<

>>Da stimme ich ihnen zu. Mein Sohn war ziemlich verwirrt...<<

>>Wollen sie auf etwas hinaus?<<

>>Ich weiß nicht, aber wie ich ihn kenne... vielleicht hat er für das Mädchen die Pille besorgt.<<

Jadens Augen weiteten sich und er ballte seine Fäuste.

>>Was? Jaden? Nein, das glaube ich nicht.<<

>>Er tut anderen gerne einen Gefallen...<<

>>Meinen sie... wirklich? Also ich traue ihm das nicht zu.<<

>>Glauben sie mir, er hat schon ganz andere Sachen gemacht.<<

>>Meinen sie dann, er hat was mit dem Selbstmord zu tun, in dem Bezug dass...<<

>>Ja, Beihilfe.<<

>>Das kann doch bestraft werden.<<

>>Ja.<<

>>Warum sagen sie etwas so über ihren Sohn?<<

>>Wenn er es getan hat, hat er es verdient.<<

Sheppert sagte nichts mehr, und die Tür des Gebäudes ging wieder auf. Jaden sah durch eine Lücke durch das Buschwerk – die Männer schleppten einen großen Schrank, vielleicht eine Truhe oder so etwas. Einer öffneten den Kofferraum, und zusammen luden sie das Möbelstück ein. Jaden schluckte. Was da wohl drin war? Bestimmt nichts Gutes.

<Warum denke ich so etwas?> Verwirrt zog sich Jaden aus dem Gebüsch zurück, als das Auto mit den vier Leuten abgefahren war, und Sheppert in das Schulgebäude gegangen war. >>Also ist der Mistkerl jetzt weg. Für ein paar Wochen? Pah. Nach dem Mord bestimmt für immer.<< Als Jaden sich gerade umdrehen wollte, packte ihm Jemand auf die Schulter. Erschrocken drehte er sich um. >>Neo!<<, rief Jaden aus. >>Psst. Laundry, pass auf. Cell ist verschwunden. Das habe ich in deinem Nachtquartier gefunden. Beeil dich lieber.<<

>>Cell? Weg? Nachtquartier? Beeilen? Waaas??<<

>>In deiner Unterkunft, dem Zimmer in dem du die letzten Nächte verbracht hast. Ich wünsche dir viel Glück, da musst du allein durch. Aber wir kommen nach, ich, Aneda und Geyun. Beeil dich, du hast noch genau zehn Minuten, bis dass Schiff fährt. Ich muss jetzt zurück, bis dann. Pass auf dich auf.<< Und schon war er weg, aber nicht ohne Jaden einen Brief in die Hand zu drücken.

>>Äh, was? Man, es ist hier zu dunkel...<< Er lief schnell zu dem Eingang der Schule hinüber, in deren Eingangshalle noch Licht brannte, und somit auch nach draußen schien.

>>Laundry, deine letzte, deine einzige Chance frei zu kommen. Folge mir, komme bis zehn Uhr auf die Fähre im Hafen. Sonst ist dein Freund tot, und deine Freiheit wirklich verwirkt. Deine allerletzte Chance.<<

Jaden dachte nicht groß nach – er steckte den Zettel, der mit drei Zeilen wohl nicht als Brief durchgehen konnte, unachtsam in seine Hosentasche neben sein Deck, und sprintete los. Zum Glück ging es immer nur bergabwärts bis hin zum Anlegehafen. Er war schneller da, als er die Gedanken in seinem Kopf ordnen konnte. Das Auto stand an dem Platz. Ob... Ob Chazz in der Kiste gewesen war?! Jaden keuchte ein bisschen und atmete schwer, aber er beruhigte sich, und schließlich stellte er ein paar Gedanken geordnet hintereinander.

<Also, wenn Cell jetzt meine Hilfe braucht, wenn das stimmt, muss ich da jetzt rauf. Wenn das aber ein Fake war, oder irgendetwas in der Art, dann bin ich in dem Schiff und komme vielleicht nie mehr wieder hierhin. Und ich hasse Wasser...> Im Prinzip hatte er keine andere Wahl.

 
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