~*~ Chapter Sixteen ~*~
Sie hatten ein wenig unterschätzt, wie groß dass Schiff war, und schließlich mussten sie rennend alle Wege ausprobieren, um rechtzeitig an Deck zu finden. Dabei zog Chazz Jaden immer hinter sich her, was dieser nicht wirklich begrüßte, da seine Schmerzen durch das unkontrollierte hin und her hetzen ziemlich zunahmen.
>>Nicht so schnell, Chazz!<<, bettelte Jaden, und fiel auf die Knie, als Chazz plötzlich nach links abbog. >>Steh auf, wir sind da, hier geht’s raus!<<, zog Chazz den Kleineren hoch und zerrte ihn mit durch den letzten Gang, die letzte Tür mitten auf das sonnenbeschiene Deck.
>>Was ist denn das?<<, fragte Jaden halb entsetzt und halb erstaunt. Seine Augen waren groß geworden, Chazz ließ seine Hand los.
Vor den beiden war in dem Deck eine Vertiefung angelegt, als wäre das eigentlich der Ort für ein Pool, und in dieser Vertiefung waren zwei Zellen aus einer durchsichtigen Folie aufgebaut. Der Rest sah aus wie ein normales Duellfeld. Jaden durchfuhr ein kleiner Schock, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er gar nicht wusste ob er sein Deck eigentlich dabei hatte, und deshalb fasste er sich an den Mantel, und beruhigend für ihn fühlte er seine Deckbox an seinem Gürtel. Erleichtert seufzte er auf. >>Puh.<<
Was ihn aber jetzt beunruhigte, war der Mann, der auf der anderen Seite der Vertiefung stand.
>>Jaden, du bist wirklich besser, als ich gedacht hatte, schön dass du soweit gekommen bist.<<
>>Worum geht es? Ein Duell?<<
>>Erraten. Du hast doch dein Deck dabei?<<
Jaden nickte.
>>Sehr gut. Chazz wird dir deine Dueldisk geben.<<
Etwas verwundert sah Jaden zu Chazz. >>Du?<< Ohne eine Reaktion zu zeigen, lief der Schwarzhaarige zu einer Kiste, die nahe der Tür stand, aus der sie gekommen waren, holte eine Dueldisk aus ihr und brachte sie Jaden. Ihr Blicke trafen sich dabei nicht.
Zur selben Zeit brachte Ako Kinoto dem Meister seine Dueldisk. >>Ich muss dir noch ein paar Regeln erklären.<<, meinte der Mann, und Jaden horchte gespannt, obwohl er immernoch etwas irritiert von Chazz war.
>>Also, Jaden, wir werden unser Duell in dieser Senke hier spielen. Du gehst in die Zelle auf deiner Seite, ich in die auf meiner. Soweit verläuft das Duell ganz normal, aber es gibt ein paar Besonderheiten. Wenn die Lebenspunkte von jemanden in den Keller fallen, wird Wasser in die Zellen gepumpt. Dass heißt, dass wenn man grade noch 200 Lebenspunkte hast, einem das Wasser über den Kopf reicht. Des weiteren benutze ich ein Deck aus sechzig Karten, die limitiert sind, teilweise unbekannt und verboten. Du allerdings wirst dein normales Deck benutzen. Ich starte mit 10000 Lebenspunkten, du mit 4000. Nimmst du an?<<
Jaden fühlte sich, als ob man ihm auf den Kopf geschlagen hätte. Oder eher in den Magen. Das Gefühl war fast lähmend. Wenn er nichts von seinen Karten kannte, wusste und ableiten konnte, war es fast unmöglich eine Strategie zu erkennen, und eine Gegenmaßnahme einzuleiten. Und wenn man das nicht konnte, naja, verlor man meistens ziemlich schnell. Und der Unterschied an Lebenspunkten, und das Wasser... <Ich habe keine Wahl! Ich muss annehmen!>
Schwach nickte Jaden, legte mit gesenktem Blick die Dueldisk an und schob sein Deck in den Kartenschlitz und aktivierte die Maschine. Mit einem kleinen Sprung befand sich Jaden in seiner Zelle in der Vertiefung, und sofort fielen ihm an der Wand hinter ihm die vielen Löcher auf, aus denen das Wasser wohl kommen würde.
Durch die Folie, die durchsichtig wie Glas war, hatte er keine Probleme dabei zu sehen, wie sein Gegner es ihm gleichtat.
>>Ach übrigens, sie können die Maske abnehmen. Ich weiß wer sie sind.<<, spielte Jaden einen Trumpf aus, den er schon länger im Ärmel hatte.
>>Oh, wirklich?<<, höhnte der Mann. Jaden nickte.
>>Ares Aver Anes.<<
Der Mann schwieg. Was bedeutete das? Stimmte es, oder nicht? Doch Jaden traute seinen Augen nicht, als er beobachten konnte wie die weißen Handschuhe langsam zu der weißen Maske hoch glitten, und sie vom Gesicht riss.
>>Oh man!<<, rief Jaden aus. Aron hatte nicht gelogen... vorausgesetzt er war nicht doch der, der alle Fäden zog.
>>Wer hat dir meine Identität verraten?<< Die sonst so stolze Stimme klang hohl.
>>Ihr... Bruder. Ihr Zwillingsbruder um genau zu sein.<<
>>So, das zweite schwarze Schaf in der Familie, nicht wahr, Neffe?<<
>>Wenn sie von sich reden, bestimmt.<<
Ares Aver Anes lachte auf. Die dunkelbraunen Haare, die bis zu Schulter hingen, die braunen Augen, die schmalen Lippen, alles lachte. Jaden wusste nicht genau, was er mit diesem Lachen anfangen sollte.
>>Dein Vater hatte schon immer ein seltenes Talent zur falschen Zeit Dinge auszuplaudern.<< Ares lächelte vergnügt.
>>Warum tun sie sowas? Wir... sind verwandt, und trotzdem tun sie mir und meinem Freund sowas an?<< Voller Unglauben, und mit missmutiger Stimme fragte er und machte seinen schweren Gedanken Luft.
>>Ja, ich bin vielleicht dein Onkel, das mag sein, dennoch... Alles hat seinen Grund. Und so Leid es mir tut oder nicht – jetzt gibt es nur eins.<<
Jaden verstand, und beide riefen sie gleichzeitig: >>Duell!<<, doch plötzlich wurden hinter ihnen die Türen aufgerissen. Chazz, der am Rand der Senkung stand, blickte überrascht, dann feindselig in die Richtung. Jaden hörte Schritte, und drei Gestalten kamen angelaufen. Ehe der Braunhaarige sie erkannte, musste er mit ansehen, wie man Chazz niederschlug.
>>Verdammter Verräter!<<, schrie der Junge, der ihn zu Fall gebracht hatte. Es war Zane. Hinter ihm kamen Sara und Aneda gelaufen. Zu dritt waren sie Verräter gewesen – Neo, Geyun und Ayandra. Aber was machten sie hier?
~
>>Wir kommen nach, ich, Geyun und Ayandra.<<
~
Das waren ja Zanes Worte gewesen! Jetzt erinnerte Jaden sich wieder.
>>Oh, was wird das? Ein Treffen der Verräter?<<, höhnte Ares. Jaden durchfuhr es – daran hatte er gar nicht mehr gedacht! Die ganze Sache mit der Organisation – der achte Söldner! Was hatte Aron ihm nochmal erzählt?
>>Du widerlicher Kriecher! Du warst es!<<, schrie Zane dem immernoch am Boden liegenden Chazz an. >>Du hast sie umgebracht, du hast uns alle verraten, du bist der achte Söldner!<<
Sara und Aneda mussten Zane festhalten, damit er nicht auf Chazz losging, und mit totem Blick beobachtete Jaden das Geschehen.
>>Was hast du gesagt?<<, fragte er leise, aber verständlich für alle. >>Wie hast du ihn genannt?<<
Erst jetzt sahen die drei die Situation ein, erst jetzt bemerkten sie Jaden und Ares. Zane sah dem Braunhaarigen tief in die Augen. >>Du hast schon verstanden! Er ist der achte Söldner! Er hat für den Meister die Sprengladungen angebracht, er hat Youji im Vornherein vergiftet! Er sollte dich töten, und fast hätte er es geschafft! Er steckt mit dem Meister unter einer Decke! Alles war gespielt, er hat dich ausgenutzt! Nichts von dem, was er gesagt oder getan hat war wahr und aufrichtig! Er ist der Virus!<<
Virus. Das Wort hallte in Jadens Kopf. Virus, Virus, Virus.
~
>>Ein musst du wissen, Laundry.<<
>>Ja?<<
>>Wenn man den Verräter erkennt, wird alles aufgedeckt werden.<<
>>Ich denke, ich soll der Verräter sein?<<
>>Nein, das glaubt niemand.<<
>>Aber ihr sagt das immer.<<
>>Jaden, du wirst alles verstehen. Nur pass auf dich auf, wenn es soweit kommt. Du musst es dann verstehen.<<
~
Hatte Ayandra, Aneda, hatte sie damit jetzt gemeint?
>>Jaden! Kümmere dich nicht um sie! Wir werden jetzt unser Duell spielen!<<, fauchte Ares zwischen dem ganzen Gewühle hindurch. Ohne irgendetwas zu spüren, sah er wie Zane Chazz am Kragen packte, und aus seinem Blickfeld schleifen wollte. Doch er schrie irgendetwas, Zane ging zu Boden, ohne dass er etwas hatte erkennen können. Chazz kam mit einer emotionslosen Mimik wieder ans Spielfeld gerannt, während Aneda und Sara bei Zane blieben, der immernoch am Boden lag.
>>SPIEL! Oder du verlierst!<<, polterte Ares, und Jaden blickte in sein Blatt. Der Braunhaarige hatte gute Karten auf der Hand – Avian, Bubbleman, Bubblestrahler und Fusion, Frohe Wohltat und Wolkenkratzer.
>>Als erstes spiele ich Bubbleman im Verteidigungsmodus, und dank seines besonderen Effekts darf ich zwei Karten ziehen. Weiter – ich rüste Bubbleman mit Bubblestrahler auf, wodurch seine Angriffspunkte um 800 steigen! ... Das war’s erstmal.<<
>>Hm, mit so schwachen Karten kommst du nicht weit. Ich spiele Reinkarnation der Wehrmut! Wenn ich nun drei Monster aus meiner Hand auf den Friedhof lege, darf ich ein beliebiges Monster aus meinem Fusionsdeck beschwören, und ich wähle die Schlange der Zerstörung!<<
Gegenüber von Bubbleman [1600/600] materialisierte sich eine schwarze Schlange mit drei Schwanzenden, in denen sich eine Axt, ein Stab und ein Morgenstern befanden. Die Schlange der Zerstörung [3460/3000].
>>Greif Bubbleman an!<<, befahl Ares und die Schlange ließ mit voller Wucht ihre drei Waffen auf Bubbleman donnern. Der Bubblestrahler von Bubbleman verschwand, und hatte ihm dadurch das Leben gerettet. >>Dann spiele ich noch eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.<<
Naja, dann war das auch erledigt. Aber den Jungen ließen die Worte nicht mehr los, was Zane gesagt hatte; es war so ... Er musste seine Gedanken bannen, und sich dem Duell zuwenden.
Jaden zog eine Karte. Theoretisch könnte er im Moment gar nichts beschwören, ohne seine Fusionskarte zu benutzen – was er wohl tun musste, um der Schlange etwas entgegen setzen zu können.
>>Ich spiele die Zauberkarte Fusion! Und ich vereine meinen Bubbleman vom Feld mit Avian, Sparkman und Burstina Trix zum Elementarhelden Globallight! Dann spiele ich die Feldkarte Wolkenkratzer!<<
Nachdem der leuchtende Krieger [3000/2700] erschienen war, und sich um das Feld das nächtliche New York wie von selbst erbaut hatte, pfiff Jaden zum Angriff. >>Attacke!<<
Durch die Wirkung der Feldkarte erhöhte sich der Angriffswert von Globallight um satte 1000, und mit einem starken Angriff versenkte der Krieger seinen mächtigen Angriff in der Schlange, deren Bild splitternd verschwand. 540 Lebenspunkte wurden von den 10000 von Ares abgezogen, und aus den Drüsen hinter ihm kam gerade mal soviel Wasser, dass es den Boden der Zelle bedeckte und seine Schuhe nass machte.
>>Ich spiele meine verdeckte Karte Später Sieg. Dadurch werden die Punkte, die du mir zugefügt hast, deinen Lebenspunkten abgerechnet und ich darf ein Monster aus meinem Deck beschwören, das vier oder weniger Sterne hat. Ich wähle das Monster Dunkles Paar Flügel.<<
Das kleine flatternde Paar Federn [1800/2100] machte Jaden keine großen Sorgen, sondern eher das, was hinter ihm stecken musste. >>Ich lege eine Karte verdeckt und beende damit meinen Zug.<<
Ares zog eine Karte. >>Dank des besonderen Effekts meines Dunklen Paars Flügel bekomme ich 1000 Lebenspunkte wenn es im Angriffsmodus liegt und ich eine Karte ziehen kann. Nun spiele ich die Zauberkarte Gunst der Vernichtung! Dadurch kann ich, wenn ich 3000 Lebenspunkte opfere das Monster wiederholen, dass im letzten Zug vernichtet wurde – und zwar mit 1000 Angriffspunkten mehr.<<
Auf der Seite von Ares [6460] befanden sich nun das Dunkle Paar Flügel [1800/2100] und die Schlange der Zerstörung [4460/3000]. Und bei Jaden [3460] stand nur Globallight [3000/2700], er hatte noch die verdeckte Karte und Wolkenkratzer. Das Wasser bei ihm war kurz oberhalb seiner Schuhsolen, bei Ares reichte es schon an die Knöchel.
>>Jetzt greif an, meine Schlange der Zerstörung!<< Wieder hatte die schwarze Echse vor, ein Monster auf Jadens Seite anzugreifen, aber er aktivierte seine verdeckte Karte. >>Ich spiele Angriff ableiten! Dadurch wird ihre Kampfphase beendet, und ich bleibe geschützt.<<
>>Nur noch diese Runde...<<, flüstere der Erwachsene.
Ares beendete seinen Zug und Jaden zog wieder. >>Ich greife ihr Dunkles Paar Flügel an!<< Der Krieger des Lichts zerschlug die beiden schwarzen Flügel, und Ares wurden 1200 Lebenspunkte abgezogen, worauf das Wasser in seiner Zelle bis zum Schienbein anstieg. >>Dann lege ich ein Monster verdeckt und beende meinen Zug.<<
Grinsend meinte Ares: >>Warum duzt du mich nicht?<<
>>Weil ich sie nicht kenne.<<
>>Aber du hast doch eben selbst gesagt, wir sind verwandt.<<
>>Spielen sie einfach weiter.<<, meinte Jaden gereizt. Sein Bein schmerzte, und irgendwie hatte er im Moment nicht gerade das Gefühl, noch lange stehen bleiben zu können...
Ares zog. >>Hm. Was sagst du – ich habe hier...<<
Er hielt dem Jungen eine Karte entgegen, die Jaden als Ring der Zerstörung erkannte. >>Der Ring der Zerstörung?<<
>>...Genau. Ich könnte ihn jetzt spielen, was meinst du? Ich zerstöre mein Monster, und uns beiden werden die Lebenspunkte in Höhe der Angriffspunkte reduziert. Rechnen wir mal – ich zerstöre die Schlange der Zerstörung, die 4460 Angriffspunkte hat. Ich wäre angeschlagen – du besiegt. Was meinst du, Neffe, soll ich sie spielen oder nicht?<<
Jaden sagte nichts. Wenn er die Karte wirklich spielen würde, wäre er Geschichte – und sein Freund auch. Auf seinem Feld hatte er die Karte Notreserve, mit der er Wolkenkratzer für 1000 Lebenspunkte opfern konnte. Aber dann betrugen seine Lebenspunkte vor dem Angriff immernoch 4460 – genau die Angriffszahl. Das würde also nichts bringen. Er seufzte. Er sah schon ein, dass er nicht gewinnen konnte, nicht so. >>Spielen sie weiter.<<
>>Na gut... Ich rufe das Monster Überlebender des Kriegs! Und jetzt; Schlange der Zerstörung, vernichte seinen Globallight!<<
Die Schlange zerschlug den Krieger des Lichts, vorauf Jadens Lebenspunkte auf 3000 reduziert wurden. >>Und jetzt greift mein Überlebender des Kriegs deine Lebenspunkte direkt an!<< Der schwarze Mann mit dem Gewehr zielte auf Jaden und schoss im glatte 1400 Lebenspunkte weg.
Jaden [1600] ging in die Knie, vor Schmerz in der Brust und vor Schmerz im Bein. Sofort sprudelte Wasser aus den Drüsen, und solange Jaden kniete, reichte es ihm bis zum Kinn. Er musste einfach wieder aufstehen – koste es was es wolle! Er kämpfte sich hoch, und ein Impuls ließ ihn wieder einknicken. Im Wasser trieb eine dunkle Wolke Blut, und Jaden rang nach Atem. <Ich darf nicht schlappmachen!>
Er warf einen Seitenblick zu Chazz, der am Rand der Versenkung stand. Er rührte sich nicht, seine Lippen zitterten, und seine Augen waren groß. Er ballte die Fäuste, sagte jedoch nichts. <Für Chazz!>, jagte er seinen Körper hoch und geriet in einen unsicheren Stand. Er stolperte nach hinten, und der mit Wasser voll gesogener Mantel zog ihn immer weiter nach unten. Er berührte die Wand, und sah Ares entschlossen an. Er musste die Sache mit Chazz vergessen, die war unwichtig – im Moment jedenfalls. Er würde Chazz zur Rede stellen, die Sache würde sich bestimmt klären, aber...
>>Mein Zug!<<, sagte er und zog eine Karte.
>>Der besondere Effekt von Überlebender des Krieges aktiviert sich. Wenn mein Gegner eine Karte zieht, bekommt er einen direkten Schaden von 500.<<, wandte Ares ein, und wieder durchfuhr Jaden einen stechender Schmerz, den er aber wegsteckte. Es stand nicht gut für ihn – [1100] zu [6460] von den Lebenspunkten her, er hatte kein Monster auf dem Feld, und sein Gegenüber zwei. Das eine übermächtig stark, das andere mit einem Effekt der ihn in spätestens drei Runden besiegen würde, würde er nicht schnellstens handeln. Auf seiner Hand hielt er zwei Karten – Überläufer und Blutrache. Beide halfen ihm nicht viel – oder?
>>Ich spiele Überläufer! Dadurch bekomme ich für einen Spielzug ein Monster von deiner Seite des Spielfelds, und ich wähle -<<
>>Stop! Ich aktiviere Magiebanner. Wenn ich eine Karte aus meiner Hand ablege, scheitert die Benutzung einer Zauber- oder Fallenkarte.<<
Jadens Augen weiteten sich. >>Nein!<<, schrie er auf. So ein Mist! Das war doch seine einzige Chance gewesen...
>>D-dann...<< Er ließ die Karte in seiner Hand vollkommen entmutigt sinken. Er konnte Blutrache spielen, eventuell eine Karte zum Sieg – wenn man wusste, wie man sie einsetzte. Und Jaden hatte es noch nie getan. Seit einiger Zeit hatte er die Karte in seinem Deck, aber nie hatte er sich getraut sie zu spielen. Sie war ein verdammtes Risiko. Er hatte darüber mit Zane gesprochen, sie einmal probeweise einzusetzen – dieser hatte ihm entschieden davon abgeraten. Aber war Zane wirklich Zane? Was war mit... Neo? Was war mit dem Jungen, der...
Verwirrt schüttelte er seinen Kopf.
>>Gibst du auf, Jaden?<<, sagte Ares laut, und er erschrak etwas. Fast schon wollte er >>Nein, niemals!<<, sagen, aber hätte es denn Zweck?
>>Ich...<<, sagte er langsam, und sah die Karte in seiner Karte an, >>Ich... ich spiele Notreserve, und opfere meine Karte Wolkenkratzer! Dadurch stehen meine Lebenspunkte jetzt bei 2100! Dann spiele ich...<<, er atmete tief durch, >>Blutrache!<<
Er hörte ein leises Keuchen von seiten Chazz‘, und auch in Ares klarer Miene veränderte sich etwas.
>>Du willst Blutrache spielen? Mutig, mutig.<<
>>Erstmal suche ich mir eins ihrer Monster aus – Die Schlange der Zerstörung. Als nächstes muss ich zwei Fünftel ihrer Angriffspunkte von meinen Lebenspunkten abziehen. Das sind 1784.<<
Jadens Lebenspunkte sanken auf 316, und Wasser bis zu seinem Kinn im stehenden Zustand floss in die Zelle.
>>Tu das nicht, Jaden!<<, hörte er plötzlich Aneda schreien, aber er ignorierte sie schlichtweg.
>>Nun... muss ich das Rad der Blutrache drehen lassen.<<
Ein großes Rad mit fünf Feldern erschien auf dem Kampffeld. Zwei der Felder waren rot, die drei anderen schwarz.
>>Meine Lebenspunkte sind der Einsatz auf den roten Feldern, ihr Monster ist er auf den Schwarzen. Wenn sich das Rad zu drehen beginnt, dreht es sich bis ich Stop sage. Zeigt das Feld auf Rot, bekomme ich meine doppelten Lebenspunkte zurück und auf meine aktuellen addiert, und ihr Monster greift sie mit doppelten Angriffspunkten direkt an.<<
>>Und wenn du ein schwarzes Feld erwischt, bekomme ich deine doppelten Lebenspunkte, und du den doppelten Angriffs meines Monsters ab. Willst du das wirklich riskieren? Die Chance schwarz zu bekommen steht höher...<< Ares wirkte ein bisschen... eingeschüchtert. Ihm war es sichtlich nicht geheuer, dass der Junge so etwas versuchte.
>>Rad der Blutrache – dreh dich!<<, fuhr Jaden unbeeindruckt fort. Es war seine wirklich allerletzte Chance, das Duell über die Bühne zu bringen und heil da raus zu kommen. Wenn er es schaffte, käme er frei – zusammen mit Chazz. Sie könnten auf die Akademie zurück kehren, oder nach Hause fahren, aber sie könnten zusammen bleiben. Ohne schwachsinnige Prüfungen, ohne Gewalt – und ohne Wasser! Niemand würde sie jemals wieder trennen!
Und wenn der weiße Pfeil auf ein schwarzes Feld zeigen würde? Jaden wollte – und konnte einfach nicht daran denken.
Und wenn es doch alles keinen Zweck hatte? Wenn Chazz der achte Söldner war, wie Zane gesagt hatte...?
Minuten vergingen, es schien als würde die Zeit stillstehen. Das Meer war zu hören, wie seine Wellen unnachgiebig gegen das Schiff schlugen, Möwen riefen entfernt, die Sonne schien erbarmungslos, als würde sie etwas unternehmen wollen. Chazz rührte sich nicht, er wagte es kaum zu blinzeln, und Ares stand ebenfalls angewurzelt da. Jaden zitterte, seine Wunde brannte in dem Wasser, das lauwarm war. Er knickte immer wieder fast ein, doch sein Wille hielt ihn über dem Wasser, was sein Kinn immer wieder berührte. Sein Deck war ganz durchweicht, er würde wahrscheinlich nie wieder eine der Karten benutzen können. Die Dueldisk war wasserfest, aber... was war das schon wert – in diesem Moment? Sein Blick starrte und gierte geradezu nach einer der roten Felder, als er schrie: >>STOP!<<
Die Sekunden wurden fast zu Minuten, Jaden hörte sein Herz klopfen, welches Geräusch sogar alles um ihn herum verstummen ließ. Er hielt den Atem an, sein Herz schrie auf, und seine Augen weiteten sich, als der weiße Pfeil stehen blieb. Ares gab ein Geräusch von sich, dass nicht definierbar war, und in diesem Moment war Jaden klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Irgendetwas um ihn herum war falsch, irgendetwas – war eine Lüge.
~
>> Zu viel Glück hat noch niemandem geschadet, sagt man, aber wer hatte den bitte schon mal zu viel Glück, um das zu beweisen? Glück hat eine Schattenseite, und die heißt nicht etwa Pech. Die heißt Tod.<<
~
Das war es. Die gewaltige Schlange holte zum entscheidenden Schlag aus, und die Lebenspunkte ihres Opfers fielen gnadenlos auf Null herunter.
Jaden musste nicht schreien, ihm wurde davor schwarz vor Augen, knickte um und er fühlte nur noch dieses widerliche, unnachgiebige, stehlende Wasser um sich herum.
Alles war eine Lüge.
>>Hey, Jaden, wach auf. Kleiner...<<
Eine entfernt vertraute Stimme, wohlklingend, dennoch ein wenig... anders.
>>Komm, es ist vorbei. Du hast es geschafft.<<
Die Stimme war warm, aber nicht zu ihm. Eine Spur Achtung lag in ihr, eine Art... Bewunderung?
>>Wollen wir Wasser holen?<<
Jaden öffnete seine Augen. Wasser? Wofür Wasser? Er war klitschnass.
Nur ungenau erkannte er zwei Streifen vor sich, unten ein dunkler, brauner, darüber ein heller blauer.
>>Jaden?<<
Er erkannte die Stimme, aber er sah nichts, niemanden, der es sein könnte. Niemand, der er war. Er spürte eine Hand an seiner Schulter, die ihn herumzog, und vor ihm entstand ein Mischmasch aus weiß und blau. Himmel. Ein paar Mal blinzelte der Braunhaarige, ehe er wirklich realisierte was los war. Er lag auf dem Deck des Schiffes, auf dem er verloren hatte. Er sah den Himmel, Möwen flogen über sie hinweg. Und er lag in den Armen eines Jungen, denn er nicht erkennen wollte. Er verstand das nicht. Er war nicht tot? Man hatte ihn am Leben lassen? Warum... trug er immernoch dieses merkwürdigen Mantel? Er fror, und seine Gedanken verliefen nur langsam.
Nur die Stimme drang zu ihm durch, die Stimme die er schon sooft gehört hatte, ob er es wollte oder nicht. Aber nach und nach drangen alle Geräusche zurück. Die Wellen, die Möwen, Unterhaltungen...
Als ob eine ganze Klasse reden würde, doch als er die Hand ausstreckte wurde es still. Er hielt die Hand einfach nur nach oben, ob er die Kraft dazu nun hatte oder nicht. Er fühlte den Wind, der durch seine Hand strich, und versuchte ihn zu greifen.
Es erschien ihm alles so irreal. Es fühlte sich so seltsam an.
>>Jaden? Bist du okay?<<
Er ließ die Hand sinken, und sah der Person, in deren Arme er lag, ins Gesicht. Er fühlte eine warme Hand, die seine kalte Wange streichelte, und zum ersten Mal wurde ihm alles bewusst.
>>Chazz?<<, fragte er etwas unsicher. Träumte er? Er packte den Älteren ohne nachzudenken am Kragen. >>Wer bist du?<<, zischte er gefährlich. Chazz antwortete nicht.
Die Person mit den schwarzen Haaren, und den unbeschreiblichen, wunderschönen dunklen Augen, sie tat nichts. Der Ältere drückte ihn nur fest an sich.
>>Was...?<<, fragte er etwas benommen. Jemand anders sprach plötzlich.
>>Du hast alle meine Prüfungen bestanden.<<
Jaden sah auf. Vor ihm stand nicht etwa sein Onkel, nein es war... er schluckte...
>>Yugi Muto?<<
Hinter dem König der Spiele standen alle seine Freunde, seine Bekannten, seine... Eltern? Youji? Seine... Feinde? Alle standen dort an Deck...
Er schüttelte den Kopf, und krallte sich in Chazz Mantel. Er flüsterte leise seinen Namen. >>Was ist hier los?<< Verwirrt blickte er in die dunklen Augen. >>Steh auf.<<, kam es leise zurück. Und Jaden stand auf. Er stand wackelig, aber Chazz stützte ihn. >>Yugi Muto?<<, wiederholte er mit stärkerer Stimme.
Der ältere Junge lächelte. Yugi Muto hatte dunkle Haare mit blonden und roten Strähnen, die abstanden und ihm einen Touch von Frechheit verliehen.
>>Yugi.<<
Verwundert drehte Jaden den Kopf in die Richtung des Mannes, der auf das Deck kam. Die Schritte klackten einsam auf dem Holzboden, bis sich die hohe Gestalt hinter den Angesprochenen stellte. >>Er ist gerade erst aufgewacht.<<, sagte Yugi ohne aufzusehen.
Jaden blieb die Spucke weg. Vor ihm standen die legendären Duellanten – Yugi Muto und Seto Kaiba!!
Die beiden standen sehr nah beieinander, der große Braunhaarige mit den schönen blauen Augen, und der Kleinere mit den starken Violetten.
>>Wie hat es dir gefallen?<<, fragte Yugi und blickte Jaden an, der nicht recht wusste worum es eigentlich ging.
>>Na, die Prüfungen.<<, half der König der Spiele nach.
>>Wie.. sie mir gefallen haben? Die sieben Prüfungen?<<
Jaden traute seinen Ohren nicht. Das klang ja fast so... diese Frage klang fast so als wären diese Prüfungen lustig wie ein Kindergeburtstag gewesen?!
>>Was soll die Frage? Natürlich haben sie mir nicht gefallen!<< Er traute sich nicht recht, sein Gegenüber anzuschreien.
>>Nun, du hast sie aber alle bestanden. Ich bin stolz auf dich, Jaden.<<
Normaler Weise wäre ihm dazu so viel eingefallen – er wäre herum gelaufen, hätte geschrien und gelacht, gejubelt und sich tausendfach bedankt. Aber jetzt war sein Kopf leer.
Man war wegen diesem Horrortrip stolz auf ihn? In seinem Inneren wurde es heiß, kochend heiß – vor Wut. Er konnte sich nicht wirklich beherrschen. Er stieß hervor: >>Das ist mir sowas von egal!<<
Chazz sog die Luft scharf ein, was Jaden leicht irritierte und ihn dazu brachte, seinen Freund anzusehen. Er schüttelte den Kopf und bedeutete ihm damit, so lieber nicht zu sprechen. Wieso ließ sich Chazz von sowas einwickeln?? Wieso... er war doch immer dabei gewesen, er hatte gesehen was er hatte durchmachen müssen, teilweise sogar sie beide... und trotzdem, es klang alles so falsch...
>>Warum habe ich diese Aufgaben machen müssen? Was wird hier eigentlich gespielt? Wieso... sind sie beide hier, wieso sind sie alle hier? Youji – sie ist tot, meine Eltern, sie sind...<< Jaden schluckte. Plötzlich hatte er einen schrecklichen Verdacht.
>>Bleib ganz ruhig, Jaden. Man wird dir einiges erklären müssen, und ich glaube du hast keine Lust zu warten, bis es dir besser geht und du ordentlich gegessen hast?<< Yugis Stimme war irgendwie sanft geworden, sein Blick liebevoll. Was ging hier ab?!
Er nickte, doch in seinem inneren zündete sich gerade die Zündschnur einer Kiste Dynamit an.
>>Also, erinnerst du dich an den Tag, an dem wir uns auf der Straße getroffen haben? Du bist in mich rein gelaufen, hast deine Karten fallen lassen. Ich gab dir den Geflügelten Kuriboh.<<
Wieder ein Nicken.
>>Nun, dort hat alles angefangen. Das war der erste Tag, von dem an du nichts mehr verändern konntest. Alles, was um dich herum geschah, geschah wegen dir.<<
>>Soll das ein Witz sein? Es ging doch nicht alles um mich.<<
>>Doch, doch. Seto hat es nach meinem Willen einrichten lassen. Ich will doch für meinen Cousin nur das beste, und dazu gehört nun mal die Prüfung, ob du meiner Nachfolge würdig bist.<<
>>WAS?!<<, schrie Jaden aus. Yugi lächelte immernoch. Aber... das hatte er gerade nicht richtig verstanden, oder?
>>Vielleicht sollten wir erstmal die Rollenverteilung etwas lüften. Wir sind Cousins, Jaden, das ist schon richtig. Der Bruder meiner verstorbenen Mutter ist dein Vater Aron Yuki. Er nahm den Namen seiner Frau an. Dann ist da noch der Zwillingsbruder deines Vaters – Ares Aver. Er hat sich in Anes umbenennen lassen, und damit konnte man erstmal keine Verbindung zwischen euch und uns herstellen lassen. Doch als ich dir auf der Straße begegnete, war mir klar wer du sein musstest. Du warst dem Mann aus dem Gesicht geschnitten, den ich nur eine Woche zuvor auf einem alten Bild in den Erinnerungstücken meiner Mutter sah. Ich bat Seto alles über dich heraus zu finden – und schließlich bekamen wir die Verbindung zusammen gestellt. Wir ließen auf meinen Wunsch hin alles verändern, was dich anging, um dich überwachen zu können. Ich wollte sehen, ob du vielleicht der nächste König der Spiele sein könntest, ob du das Potenzial dazu hättest. Und du hattest es – mehr als ich in deinem Alter. Deshalb mussten zwischen den Prüfungen der Akademie und den Schattenreitern noch andere Dinge geschehen, bis zu dem Zeitpunkt an dem ich die sieben Prüfungen entwarf. Ich machte unseren Onkel ausfindig, ihm mit der Sache vertraut. Er war Schauspieler, oder ist es eher immernoch, und so konnte unser Spiel gespielt werden. Und du hast dich einzigartig geschlagen. Ich hätte es nicht besser erwarten können. Du bist immer weiter gegangen, hast nie aufgegeben, sooft es auch schlecht um dich stand. Du hast vielleicht am Ende verloren, aber jeder hat mal Pech. Du weißt was ich meine.<< Er lächelte, kicherte amüsiert und sah seinen Freund an.
Jaden war erstarrt. Während der locker dahin gesagten Worten war ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken gelaufen. Das war die Lüge?
>>Jedenfalls hast du Mut bewiesen, und deinen Weg zur Liebe gefunden. Du hast überlebt... und mehr Glück gehabt als ich es jemals jemandem zugetraut hätte. Du warst beeindruckend, und du bist mehr als nur würdig. Vielleicht stellen sich mal alle vor...<<, sagte Yugi mit einem Blick an Seto vorbei, in die Reihen der Menschen.
Sein Vater begann: >>Aron Yuuki.<<
Dann folgte sein Onkel: >>Wie schon gesagt, Ares Aver Anes. Multimillionär.<<
>>Ich bin Natasha.<<, sagte Tash, die neben dem Mann stand, dann kam Aneda: >>Amelie. Freut mich, nochmal.<<
>>Francois.<<, stelle sich Bastion vor. >>Und ich bin Fin.<<, meinte Zane. >>Und ich bin sein Bruder, Parn.<<
Stücke von Jadens Herzen zerbrachen, lösten sich auf und fielen in einen tiefen Abgrund.
>>Rose.<<, sagte Alexis, und Atticus meinte: >>Lester.<<
>>Mein Name ist Kayte.<<, sagte Youji.
Immer mehr von seinem Herzen erstarb.
>>Maja.<<, stellte sich die Frau von der Cafeteria vor. >>Ich bin Soram.<<, sagte sein ehemaliger Direktor.
>>William.<<, sagte Crowler, Chumley, sein ehemaliger Freund, neben ihm sagte: >>Misuke.<<
>>Tom.<<, meinte Banner, der ebenfalls schon tot war...
>>Aekisa.<<, sagte Ako Kinoto.
Es ging weiter und weiter, seine Bekannten und Freunde sagten alle etwas anderes... Bei jedem Namen zerbrach Jadens Herz mehr. Es verlor ein Stück, schrumpfte und verschwand fast. Er hatte nur noch einen Halt.
>>Chazz?<<, flüsterte er mit heiserer Stimme, gequältem Gesichtsausdruck und schmalen Lippen. >>Sag mir, wer du bist...<<
Der Schwarzhaarige blickte ihn starr an. Seine Lippen zitterten, die Lippen an deren er seine sooft so vertrauensvoll gelegt hatte. Die seinen Hals geliebkost hatten, die ihm Wärme gaben. Die er wieder wollte, die ihn entführen sollten, weit weg von dieser Lüge.
Chazz‘ Augen waren emotionslos. Sie starrten blind, und Jaden schüttelte den Kopf. Das konnte doch nicht wahr sein...
Er riss sich aus den Armen des Älteren und taumelte blindlings immer weiter von den ganzen Leuten weg, bis er an die Reling stieß. An der Backbord Seite war sie vielleicht hoch bis zu den Waden...
>>Schauspieler? Vorgespielt... vorbestimmt? Ungläubig sah er sie alle nacheinander an. Bei jedem waren Erinnerungen verankert, die sein Verstand aufgrund der Sachlage jetzt als falsch einstufte, der sie in Stücke riss und wegwarf... Einfach vernichtete. Die letzten zwei Jahre waren mit einem Schlag wie weggefegt. War er denn glücklich gewesen?
Er war mit einer Lüge glücklich gewesen...
Hatte alles so hingenommen, wie es gekommen war, sich nie gewehrt... hätte er vielleicht alles aufdecken können? Hätte er nicht vielleicht verhindern können, was gerade passierte? Was ihm gerade sein Herz zerstörte, zerfraß und ihn innerlich vernichtete?
Warum zum Teufel konnte er nicht von Lüge und Wahrheit unterscheiden?! Warum hatte er das Gefühl der schrecklichen Wahrheit erst jetzt in sich erkannt?
>>Warum...?<<
Er fragte mit einer Stimme, die unnatürlich hoch war. Sie verriet die Tränen, die erst nach ein paar Sekunden begannen an seinen Wangen herunter zu laufen. Verblendet schüttelte er den Kopf. Er hörte die Antworten nicht, die alle auf einmal kamen, er sah die Gesichter nicht, die voller Mitleid seinen Blick suchten. Er sah nur das Gesicht, dass ihn einst verzaubert hatte – und nun erstarrt war.
~
>>Es ist alles nicht wahr. Nur Gespielt. Du musst das einfach wissen...<<
~
Chazz kam ein paar Schritte auf ihn zu, mit einem Blick der sich nicht deuten ließ. Jaden wusste, dass er sich Blöße gab, mit den Tränen, die das Leid nicht ausdrücken könnten, der leisen Stimme, die nicht sagen konnte was für Schmerzen ihn erfüllten. Aber...
Er schüttelte den Kopf, versuchte ein paar klare Gedanken zu fassen.
>>Das finde ich... nicht so lustig Leute. Ich meine... warum können wir nicht einfach nach Hause?<<, fragte er mit einem letzten Versuch, Würde zu bewahren, und die Situation nicht als wahr einzustufen. Er träumte, er war vielleicht schon tot?
Aber bestimmt war das nicht das, was es wirklich war...
Chazz kam näher und flüsterte: >>Es tut mir so leid, Jaden...<<
Jetzt war Jadens Herz endgültig verschwunden. Geschrumpft bis es verpufft war, zerbrochen, in Krümel in ein Loch gefallen, einfach ausgerissen worden...
>>Was soll das, Chazz...? Das ist alles... nicht wirklich, meinst du das?<<, fragte er wieder in der hohen Stimmlage, worauf noch mehr Tränen tropften. Chazz nickte unmerklich, was wirklich nur in seinen Augen zu lesen war.
>>Alles nur... gespielt? Jeder Morgen, jeder Abend...? Jedes Wort auswendig gelernt? Jede Berührung... war geübt? ... ... ... Nein ... das kann nicht sein... Tu mir... TU MIR DAS NICHT AN!<<
Schwere Tränen fielen auf das Deck, zerplatzten wie die losen Erinnerungen und Träume die zerbrochen in ihm schwirrten. >>War jedes Gefühl gelogen? Waren deine warmen Blicke Fallen? Jeder Kuss... ohne Gefühl? Nein... Sag mir... dass das nicht wahr ist, Chazz... Bitte.... CHAZZ!!<<
Plötzlich rutschte er aus, der Wind blies durch seine Haare, seine Augen weiteten sich und Tränen verliefen ihre Spuren im Wind, bis er seine Hand ergriff.
>>Lass mich los...<<, flüsterte Jaden. Chazz hielt den Braunhaarigen an der Hand fest, und er rutschte schon bedrohlich an der Reling entlang.
>>NEIN!<<, schrie Chazz. Jaden sah in die glasigen Augen. >>Ich werde dich niemals loslassen, nie! Hörst du?!<<
Gequält schloss Jaden die Augen. >>Ist das auch nur... gespielt?<<
Verbissen schüttelte Chazz den Kopf. >>Nein! Ich... ja, ich sollte mich in dein Vertrauen schleichen, ja, ich sollte etwas mit dir anfangen, ... ja verdammt!! Aber dann... dann habe ich mit der Zeit gemerkt, dass ich dich nicht ausnutzen kann, weil...<<
Ein Tropfen traf Jadens Wange, und etwas überrascht öffnete er die Augen. Chazz weinte, seine Tränen rannen seine Wangen hinab, perlten von seiner Nase und seinen Lippen ab.
Weil...?
>>Weil ich dich liebe, Jaden!<<
Leicht schüttelte Jaden den Kopf. >>Das hast du mir... schon so oft gesagt... und ich kann dir das nicht glauben...<< Immer mehr von seinen eigenen Tränen vermischte sich mit seiner Stimme, die leiser wurde.
>>Aber es ist wahr! Auch wenn ich in ihren Diensten stand, auch wenn... wenn ich dir so viel vorlügen musste, es ist falsch was du sagst! Ich habe Gefühle für dich, unbeschreibliche! Ich habe jedes Wort, das nur zwischen uns fiel ehrlich gemeint, ich habe jede Berührung genossen! Es mag so vieles falsch sein... aber diese Dinge waren nie falsch! Ich möchte mit dir zusammen sein, weil ich dich liebe... und deshalb werde ich dich nie im Leben loslassen!!<<
Durch die schwarzen Handschuhe fühlte er die Wärme von Chazz Hand, er sah die geröteten Wangen seines Freundes.
>>Lüg nicht. Lüg mich niemals an.<<, sagte Jaden mit einer Stimme, die nicht nach seiner klang. >>Lügen zerstören alles, genauso wie Glück. Glück ist nichts Gutes, nein... Glück ist der Anfang des Endes, wenn etwas glücklich ist, ist es eine Lüge.<<
>>Das stimmt nicht, Jaden, das stimmt einfach nicht!<<, sagte Chazz, und löste eine der beiden Hände von Jadens einer. >>Gib mir deine Hand!<<
>>Und wie es stimmt verdammt!<<, rief Jaden auf.
>>JADEN!<< Erschrocken sah der Braunhaarige dem Älteren ins Gesicht.
>>Wenn ich jetzt an dich heran kommen würde, würde ich dir so fest ins Gesicht schlagen, bis du mir glaubst! Warum bist du so stur?! Es ist doch... nicht mehr wichtig.<<
Mit einem nassen Gesicht und glitzernden, braunen Augen hob Jaden seine frei baumelnde Hand an, doch als Chazz‘ Hand seine ergreifen wollte, schlug er sie weg. Stattdessen griff er zu seiner anderen Hand, um sich von Chazz Griff zu befreien.
>>Jaden, nicht! Was soll das?!<<, schrie Chazz ihn an. Aber Jaden achtete nicht auf seine Stimme, sondern versuchte zwanghaft einen Finger nach dem anderen von seiner Hand loszumachen.
>>JADEN! HÖR AUF!<<, schrie Chazz wieder, und ein ganzer Schwall von Tränen erdrückte die Stimme. >>BITTE!!<<
Jaden hielt inne und sah auf. Pure Verzweiflung stand in Chazz‘ Augen geschrieben, und als ob nur er der Trost sein könnte, hielt Chazz seine Hand fest, bis Jaden seine freie Hand sinken ließ. >>Was willst du denn?<<, fragte der Braunhaarige ungerührt.
>>Ich will dich... ich bitte dich... gib mir deine Hand!<<
Jaden sah auf die Hand, die immer noch in seine Richtung griff, seine Hand haben wollte, ihm helfen wollte.
Langsam sammelte sich Wut in Chazz, dass sah Jaden ihm an. Dafür kannte er ihn eigentlich lang genug... wenn nicht alles gespielt gewesen war, wie er ihm versprochen hatte...
Immernoch gab Jaden ihm seine Hand nicht, und innig hoffte er dass Chazz die Kräfte verlassen würden, doch das brachte Chazz zur Weißglut.
>>DU VERDAMMTER IDIOT! ICH BIN CHAZZ PRINCETON, UND EIN PRINCETON LÄSST SICH NICHT ABSERVIEREN INDEM SEIN FREUND SICH UMBRINGT!! JADEN! GIB MIR DEINE HAND! ICH BRAUCHE DICH! ICH LIEBE DICH! BITTE!!<<
Mit einem Male hörte Jaden in sich etwas klopfen. Ganz schwach, still und leise, aber dann drängender, lauter und stärker. Immer öfter gab es dieses Geräusch, bis es ihm schließlich erschloss. Er war das, es war da – sein Herz.
>>CHAZZ!<<, schrie er auf, warf seine Hand seiner entgegen bis sie sich berührten und aneinander klammerten, doch gleichzeitig verloren sich ihre anderen Hände, der Schwung zog, der Wind riss, bis sich ihre Finger voneinander trennten.
>>NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!!<<, schrie Chazz, fluchte, schlug er, weinte, schrie einfach nur, schrie seine Wut heraus.
~*~ Saras Kommi ~*~
Sooooo!!! Ihr habt jetzt die "ultimative" Wahl! Lasst die Geschichte so ausgehen... oder lest das 17 Kapitel (Here to be with you isn't just a kind of dream) oder Kapitel 18 (Ab an Bord!)!
Kapitel 18 enthält Lemoin und das andere geht eher romantisch aus. Lasst euch überraschen xD ... oder auch nicht! Aber hinterlasst in jedem Fall ein Kommi, okay?