Here we go xD
Der blaue Mantel lag hinter ihm auf dem Bett, und war, besonders an der Schulter, zerfetzt. Chazz sah sich die entsprechende Schulter bei Jaden an, die das Hemd ebenfalls mit Blut durchtränkte.
>>Komm. Komm mit.<<, sagte Chazz und zog den Jüngeren hoch und dann ins Bad. Jaden saß wie betäubt auf dem Boden, bis Chazz ihm Hemd auszog und ihn näher betrachtete. An der Stelle, die Flecken vom Nasenbluten gewesen waren, durchzog ein langer, feiner Schnitt die Brust des Jungen, was Chazz den Atem raubte. Das Hemd war dreckig, aber nicht zerschnitten gewesen...
Die Schulter hatte einen Schnitt, der tief ging, der Rücken war von Blutergüssen und Schürfungen gesäumt. An den Oberarmen waren ebenfalls Blutergüsse.
Chazz schüttelte mit aufgerissenen Augen den Kopf. >>Nein, das geht nicht, du musst mitkommen. Ich bring dich auf die Krankenstation.<< Er stützte Jaden auf, und spürte, dass der Junge zitterte. >>Was ist passiert?<<, fragte er wieder und brachte Jaden aus dem Zimmer. Auf den langen Fluren kam niemand ihnen entgegen, doch Jadens Lippen blieben bis auf den stockenden Atem geschlossen.
Als Chazz schließlich an der Tür zur Krankenstation klopfte, war zuerst nichts zu sehen, doch als das Licht hinter der großen Glastür anging, atmete er erleichtert auf. Eine junge Schwester schloss die Glastür auf, und als sie Jaden, so ohne Hemd in voller Montur seiner Verletzungen sah, schrie sie auf. >>Um Himmels Willen, was ist das denn?<< Sie hielt, trotz dem offensichtlichen Schock, die Tür weit genug auf, damit Chazz Jaden durchbringen konnte und ihn sofort in eines der Behandlungszimmer brachte wo er ihn auf eine große Liege legte. Die Krankenschwester kam in das Zimmer, und sagte nur schnell, dass sie eben den leitenden Arzt wecken würde und sofort zurück wäre.
Als Chazz sich wieder Jaden zuwandte, hatte dieser die Augen geschlossen. Chazz biss sich auf die Lippen, um die bei diesem Anblick aufkommenden Tränen zu verdrängen. Wer bitte hatte das dem Jungen angetan? Er schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Er konnte das Bild nicht ertragen. Und endlich kam, fast nach Stunden wie ihm schien, der Arzt und die Schwester wieder. Er hörte das Keuchen des Mannes, und drehte sich um. Der Mann war circa 50 Jahre alt, und hatte schon einen Anflug von grauen Haaren im Braun. Der Bart war ein Dreitagebart, und die Brille saß im Moment etwas schief. Er sah Chazz an. >>Was ist passiert?<< Er zuckte mit den Schultern. >>Das wüsste ich auch gerne. Er saß so auf seinem Bett, als ich aufwachte, und dann hab ich ihn hierher gebracht.<<
Der Arzt nickte, und die Schwester wandte sich Chazz zu. >>Am besten, du lässt uns jetzt arbeiten. Geh dich umziehen und geh frühstücken, unterrichte aber einen Lehrer. Dieser Junge hier wird definitiv sehr lange nicht mehr am Unterricht teilnehmen, heute erst recht nicht. Komm später wieder.<<
Chazz schluckte, nickte aber und verließ langsam den Raum. Die Flure kamen ihm unglaublich lang vor, und ein paar Schüler kamen ihm nun entgegen. Verwunderte Blicke, und Fragen wie: >>Ist das Blut?<<, oder >>Ist was passiert?<< ignorierte er. In seinem Zimmer zog er sich an, ohne wirklich zu realisieren was er tat, dann legte er sich auf sein Bett und starrte auf die Decke.
Er wusste gar nicht, worüber er eigentlich nachdachte. Jedenfalls war etwas passiert. Er dachte an die Rosenblüten, den Text, die Schnitte und an Jaden. Jedenfalls war etwas nicht richtig.
Erschrocken setzte er sich wieder auf. Er lief ins Badezimmer, und holte das Hemd von Jaden, dass er dort liegen gelassen hatte. Chazz legte das Hemd auf den Mantel. Beide Kleidungstücke waren voller Dreck, an einigen Stellen zerrissen und zerfleddert. Die Schulter des Mantels war fast völlig verschwunden, durchgewetzt bis nichts mehr übrig geblieben war. Aber keine Spur von einem Schnitt, der sich mit der Schulter von Jaden gleichen würde. Das Hemd war ebenfalls zerfetzt, doch viel weniger. Einen Schnitt hätte man auf jeden Fall gesehen. Und auf der Brust war das Hemd blutig und dreckig, jedoch nicht zerschnitten. Das konnte ja nur heißen...
>>Jaden hat die Sachen gar nicht angehabt... seine Haare waren nicht nass. Was... bedeutet das?<< Schwimmen gewesen war sein Freund jedenfalls nicht. Wieso war er dann mindestens halbnackt herum gelaufen?
>>Was ist mit dir passiert?<<, fragte Chazz leise nachdenklich und schmiss die Sachen in den Schrank.
Die Hände und der Rücken kamen ihm in den Sinn. Alles war bis aufs Fleisch aufgeschürft gewesen, als wäre er geschleift worden. Die Bilder stachen ihm in den Augen, und an seinen Fingerspitzen kribbelte es.
>>Ich muss zu Atticus und Zane.<<, sagte er sich schließlich selbst. >>Hunger... hab ich eh keinen mehr.<<
Also lief er durch das Gebäude. Um diese Uhrzeit sollten sie eigentlich schon lange in den Lehrerzimmern sein, also führte ihn sein Weg dorthin. Er klopfte an der Tür, die mit den Symbolen der Häuser gestaltet war wie alle Zimmer für Lehrer, und wartete bis jemand aufmachte. Es war eine junge Frau, die er noch nie gesehen hatte. Etwa zwanzig, mit roten Locken und smaragdfarbenen Augen. >>Ich muss mit Zane Truesdale und Atticus Rhodes reden. Sofort.<<, sagte er unbefangen zu der Frau, welche nickte und die beiden holte. Sie trugen beide dunkle Hosen und weiße Hemden. >>Was gibt’s, Chazz?<<, fragte der Braunhaarige.
>>Wir müssen arbeiten.<<, meinte Zane nebenbei.
>>Ich muss mit euch reden, es ist wichtig.<<, sagte er recht monoton.
>>Wir hören.<<
>>Nein, alleine.<<, drängte der Schwarzhaarige.
Zane seufzte und nickte seinem Freund zu. >>Ich denke, zehn Minuten können wir entbehren. Kommt, gehen wir in ein Klassenzimmer, dort ist es ruhig.<<
An dem nächsten angekommen, schloss Zane die Tür auf, und nachdem die beiden anderen eingetreten waren, schloss er sie wieder hinter sich.
>>Warum musst du mit uns allein reden?<<, fragte Atticus nochmals nach dem Grund für Chazz Erscheinen.
>>Ich hab Jaden eben auf die Krankenstation gebracht. Er wird eine Zeitlang nicht mehr am Unterricht teilnehmen können.<<
>>Was? Ist was passiert?<<, hakte der Blauhaarige nach. Chazz nickte.
>>Irgendwer hat ihn zusammengeschlagen.<<
>>Zusammengeschlagen?! Jaden? Geht es ihm gut?<< Atticus war der Schock ins Gesicht geschrieben.
>>Es hat ihn übel erwischt. Schnittwunden, Schürfwunden, von allem was dabei. Er hat ein blaues Auge.<<
Zane schluckte. Er war sichtlich angespannt. >>Und wer hat ihn zusammen geschlagen?<<, fragte er beherrscht.
>>Keine Ahnung. Er sagt absolut nichts. Nur dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war.<<
Atticus fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Zane sah ernst drein und dachte über irgendetwas nach.
Schließlich winkte er mit der Hand und fragte: >>Hat er sonst noch irgendwas gesagt? War noch was besonderes, vorher? Und wann ist das eigentlich passiert?<<
>>Ich weiß nicht. Als ich bei Dämmerung aufwachte, saß er schon auf seinem Bett. Ich hab ihn zur Station gebracht. Aber er wollte mir nichts erzählen. Und vorher? Ach, nein, nichts Wichtiges.<<
>>Ist er abends weggegangen?<<, fragte Atticus. Chazz zuckte mit den Schultern. >>Das letzte Mal bevor ich ihn heute Morgen sah, war gestern bei euch. Er kam die Nacht nicht.<< Das glaubte er jedenfalls. Das mit den Rosen, der Kerze und der Karte behielt er lieber für sich.
>>Okay, okay.<<, stieß Zane schließlich aus. >>Wir, wir gehen jetzt erstmal zurück und sagen dem Kollegium, was vorgefallen ist. Schließlich ist hier noch nie jemand zusammengeschlagen worden oder derartiges, seit ich hier bin. Danach kommen wir auf die Krankenstation. Wirst du dort warten?<<
>>Soll ich nicht in den Unterricht?<<, fragte Chazz, obwohl er das eigentlich nicht fragen wollte. Er wollte zu Jaden...
>>Kannst du ruhig sausen lassen. Wir werden dich noch brauchen, und doch für jede Frage aus den Klassenräumen zu holen wäre nicht angebracht. Geh zu deinem Freund. Wir kommen nach.<<, sagte Zane, und Atticus hielt sich still. Er leckte sich die Lippen und sah böse drein. >>Jaden zusammengeschlagen... ich kenne keinen, der etwas gegen ihn hat. Was wetten wir, dass es welche der Austauschschüler waren? Die mach ich so fertig, wenn ich die erwische...<<
Beruhigend legte Zane eine Hand auf die Schulter seines Partners, die bebte. >>Atticus... Komm.<<
Sie ließen Chazz vorgehen, dann schlossen sie den Klassenraum wieder ab und vor der Tür des Lehrerzimmers trennten sich die Wege der drei jungen Männer.
Auf dem Weg zur Krankenstation fragte Chazz sich, warum er nicht sauer auf diejenigen war, die Jaden das angetan hatten. Oder zumindest nicht so sauer wie Atticus. Was war mit ihm los? Er hatte doch erst am Tag zuvor eingesehen und eigentlich auch akzeptiert, dass er sich in seinen neuen Zimmerkameraden und alten Freund verliebt hatte. Warum trieb ihn der Zorn nicht? Er seufzte. Das war zuviel für Chazz. Besorgt und sauer sein zugleich? Schon eine Überlastung.
Als er schließlich die Glastür öffnete, drangen aus dem Inneren der Station laute Stimmen. Sofort erkannte Chazz sie. Er folgte dem Gespräch durch zwei Flure, bis er das Zimmer mit angelehnter Tür fand. Er sah wie der Arzt mit der Krankenschwester laut diskutierte.
>>Sowas ist mir auf dieser Schule noch nie untergekommen, wir müssen etwas unternehmen. Das geht einfach nicht.<<
>>Na gut, na gut. Aber was ist, wenn es welche von den Austauschschülern waren?<<
>>Könnte möglich sein. Wir müssen mit Direktor Sheppert sprechen.<<
>>Soll ich ihn rufen lassen?<<
>>Tun sie das. Sagen sie ihm, es ist mehr als nur dringend.<<
Als danach nichts mehr zu hören war, ging Chazz wieder zurück. Wo war Jaden? Chazz hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, in der Krankenstation zu landen und somit hatte er keine Ahnung, wo die Krankenzimmer lagen. Also musste er wohl auf Zane und Atticus warten. Er setzte sich auf die Stühle, die im Flur gegenüber der Behandlungszimmer standen.
Es war beruhigend, sich irgendwo anlehnen zu können, irgendwie fühlte der Schwarzhaarige sich auf einmal ziemlich schwach.
>>Kannst du mich hier raus bringen?<<
Chazz schaute erschrocken auf und war sofort auf den Beinen. Jaden stand an einer Tür angelehnt am anderen Ende des Flures. Seine Hände waren verbunden, sein Gesicht gewaschen und er trug einen weißen Schlafanzug.
>>Was?<<, fragte Chazz kaum mit Stimme. >>Warum liegst du nicht in deinem Bett?<<
Der Braunhaarige zog die Brauen zusammen. >>Weil ich nicht will. Ich will in mein Zimmer.<<
>>Ach komm...<<, sagte Chazz. Er kam ein paar Schritte auf den Jüngeren zu.
>>Ich will in unser Zimmer.<<, sagte er mit Betonung auf dem geänderten Wort. Er hielt inne. Hinter ihm ging die Tür auf, und wenige Sekunden später standen Zane und Atticus bei ihnen.
>>Jaden? Was ist passiert?<<, fragte Atticus sofort.
>>Und warum liegst du nicht im Bett?<<, hängte Zane direkt hinten dran.
Jaden verzog das Gesicht. >>Warum wollen alle, dass ich mich in mein Bett lege? Ich will und dann darf ich nicht mal. Das ist dämlich.<<
Die Krankenschwester kam zu ihnen. >>Warum, läufst du hier herum? Sofort, in dein Zimmer, ab ins Bett.<<
Die drei Älteren kicherten, als Jaden eine Grimasse zog. >>Hab ich grad was gesagt oder nicht?<<
Die Schwester packte ihn an der nicht verletzten Schulter und schob ihn in das nächste Zimmer, wo sie ihn aufs Bett setzte. >>Ich muss dir noch Blut abnehmen.<<, sagte sie und nahm ein paar Dinge aus ihrem Hüftbeutel.
>>Warum? Ich will hier weg. Ich hasse Krankenhäuser.<<
>>Das ist eine Krankenstation. Und es ist nötig dir Blut abzunehmen, um festzustellen ob du eine Blutvergiftung hast. Bei dem ganzen Dreck in deinen Wunden wäre das nicht im Geringsten ein Wunder.<<
Er seufzte und zuckte zusammen, als die Schwester ihm eine Nadel in den Arm stach, nachdem sie diesen mit einem Band abgedrückt hatte. Sie steckte einen kleinen Glaskolben auf den Ansatz der Nadel, und Blut stieg in ihm hoch, bis er voll war. Sie drückte ihm ein Stück Wattepapier in die Hand. >>Abdrücken.<<
Sie verließ das Zimmer und ließ Zane, Atticus und Chazz hinein.
>>Sag, wie geht es dir?<<, platzte Zane sofort raus.
>>Wollt ihr eine ehrliche oder unschöne Antwort hören?<<
>>Beides?<<, fragte Chazz.
Atticus seufzte, als Jaden nichts mehr dazu sagte. >>Du hast mir meine Frage nicht beantwortet. Wer hat dich verprügelt?<<
>>Ach, hör auf mit verprügelt, da war nichts. Ich hatte nur Pech.<<, wehrte Jaden ab.
>>Pech das offenherzig mit einem Messer rum lief und dich zufällig streifte?<<, fragte Zane den Jüngeren und strafte ihn mit einem tadelndem Blick. >>Jaden. Es ist wichtig das du uns erzählst, was passiert ist. Oder willst du es lieber nachher dem Direktor persönlich erzählen, wenn er her kommt?<<
Der Braunhaarige machte große Augen. >>Er will her kommen?<<
>>Wenn wir nichts aus dir raus kriegen. Er hat schon angedeutet, dass er nicht glaubt, dass du uns was erzählen willst. Er meinte, du würdest sowas eher alleine regeln wollen.<<
>>Tu ich auch.<<, antwortete Jaden trocken.
>>Tust du nicht.<<, sagte Chazz entschieden.
>>Chazz hat Recht.<<, meinte Atticus, >>Wozu hast du Freunde?<<
Jaden sah allen drei in die Augen. Sein Blick war scharf und eiskalt. >>Freunde?<<, sagte er geringschätzig. Sofort wussten die drei, dass er an die Sache vom letzten Abend dachte.
>>Hör mir zu<<, sagte Chazz dann nach einer Weile, >>Diese Sache geht auf mein Konto, okay? Lass die beiden daraus. Wenn du auf jemanden sauer sein willst, sei es auf mich. Wir reden ein anderes Mal darüber.<< Seine Stimme klang einen Moment lang unglaublich erwachsen, und Jaden machte keine Anstalten, zu widersprechen. Er nickte nur.
>>Gut.<<, meinte Chazz.
>>Also, wirst du uns nun etwas erzählen?<<, fragte Zane.
Langsam nickte Jaden wieder. Alle drei seufzten und waren ziemlich erleichtert.
>>Ich war gestern Abend ziemlich durcheinander<<, begann er mit einem Seitenblick auf Chazz, den alle zu deuten wussten, >>Und war spät noch spazieren. Es war Recht hell, wegen dem Mond, und mir kam eine Gruppe von Jungen entgegen...<< Er hielt inne. Er schien zu zittern anzufangen, sah auf und lächelte künstlich. Er leckte sich die Lippen und fuhr fort: >>Ich hab sie ignoriert. Sie riefen mir irgendwas zu, ich verstand sie nicht, ich hörte sie gar nicht mal wirklich. Ich war total in meine Gedanken versunken, bis mich plötzlich jemand mitten auf dem Weg umstieß.<< Er atmete tief durch. Die Jungs verstanden, dass es Jaden sichtlich schwer fiel, zu reden.
>>Was war dann?<<, fragte Zane gefühlvoll.
>>Ich bin voll auf den Boden geknallt, und mir meine Hände aufgeschürft. Dann drehte mich jemand um, und stieß mir das Messer in die Schulter. Sie schlugen mich ins Gesicht. Erst als sie weg waren, hab ich mich getraut, mich überhaupt zu bewegen.<< Er seufzte, und in seinem Blick lag eine Spur von Reue.
>>Dann gingst du auf dein Zimmer?<<, fragte Atticus.
Jaden nickte. >>Ja. Ich setzte mich auf mein Bett und.. weiß nicht, irgendwie war ich weggetreten, bis mich jemand fragte, was mit mir passiert sei. Das war Chazz.<<
Der Schwarzhaarige drehte sich um und sah aus dem Fenster, während Zane und Atticus noch ein paar Fragen über seine Wunden stellten.
<Er lügt. Er sagt nicht alles. Und jetzt erzählt er auch nur von der Hälfte der Verletzungen...>, dachte Chazz verstimmt und hörte mit halbem Ohr, wie Jaden den langen Schnitt auf seiner Brust gekonnt ausließ. <Es wird sowieso raus kommen, wenn nur mal jemand den Arzt oder die Schwester fragt, geschweige denn die Akte ließt. Ich versteh das nicht...>
>>Hast du denn die Sprache erkannt?<<, hörte Chazz plötzlich Zane fragen und drehte sich um. Jaden schüttelte den Kopf. >>Aber Französisch und Englisch waren’s jedenfalls nicht, soviel kann ich sagen.<<
Atticus seufzte. >>Schade.<<
Zane, der sich neben Jaden gesetzt hatte, stand auf. >>Wir gehen jetzt. Wir müssen dem Kollegium berichten. Wir kommen später nochmal vorbei.<< Jaden und Chazz nickten. Die Tür schlossen die beiden Referendare hinter sich, und Chazz ging auf sie zu. Er drehte den Schlüssel in der Tür um, zog ihn raus und ließ ihn in seiner Tasche verschwinden.
>>So, und jetzt sagst du mir, was wirklich passiert ist.<<, sagte er mit festem Blick, der in einen überraschten eindrang.
>>Was?<<
>>Du hast mich schon verstanden. Ich weiß, dass das was du erzählst hast nicht stimmt. Es kann nicht stimmen, wie du die Sache schilderst.<<
Jaden schluckte hörbar. >>Danke, dass du den anderen davon nichts gesagt hast.<<
>>Oh, ich kann und werde es aber tun, wenn du mir nicht sofort erzählst, was wirklich los war.<<, fauchte Chazz. Er war richtig wütend.
Der Jüngere fuhr sich durch die Haare. >>Ich kann nicht.<<, seufzte er.
>>Du willst nicht.<<
>>Das auch...<<
>>Sag mir aber erstmal, warum du Atticus und Zane nicht von all deinen Verletzungen erzählt hast.<< Chazz‘ Ton war fest.
>>Meinst du...<<
>>Den Schnitt auf deiner Brust, dein Rücken. Was weiß ich nicht, was sonst noch.<<
>>Du hättest mich einfach in Ruhe lassen sollen. Ich hab dir doch gesagt, dass nichts wäre, aber nein, du rennst sofort los und bringst mich in die Krankenstation, mit diesem alten Drachen, der mich die ganze Zeit nervt.<< Jaden entging der Funke Belustigung in Chazz Blick nicht, der schnell wieder verschwand.
>>Hast du vielleicht annähernd auch nur eine kleine Ahnung, wie es ist, jemanden, den man sehr gerne hat, so entstellt und verletzt zu sehen? Weißt du das? Dir strömen sofort tausende von Gedanken durch den Kopf: Was sagst du, um zu trösten, was tust du, um zu helfen, wie reagierst du bei einer Abfuhr, wenn du dich nach dem Befinden erkunden willst? Es ist einfach nur schrecklich. Und zu hören, wie du jetzt auch noch lügst, und versuchst mich zu hintergehen, deine anderen Freunde... das ist weit mehr als verletzten. Es tut scheiß weh, okay?!<<
Zuerst war seine Stimme leise und klar gewesen, doch in den letzten Wörtern brach sie, und wurde noch leiser. Chazz holte tief Luft.
>>Was ist? Wird dir etwa schlecht, wenn du hörst, dass ein Junge dich liebt? Findest du es Ekel erregend? Antworte mir ruhig, dann weiß ich endlich wo ich bei dir stehe.<<
Jaden hielt die Luft an. Es war eine Spur rot auf seinen Wangen erschienen.
>>Warum.. sollte ich es Ekel erregend finden? Ich bin nur sehr... überrascht. Das war gestern genauso. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verhalten sollte...<<, flüsterte er schließlich mit gesenktem Kopf.
Chazz schloss die Tür wieder auf.
>>Gut, wenn du nicht mit mir reden willst, tu es mit sonst noch wem. Und denk über deine Gefühle nach, du dürftest schließlich genug Zeit finden, während deines Aufenthaltes hier.<< Mit einem nicht deutbarem Blick knallte er die Tür zu, was das Deuten des Blickes schnell erübrigte.
Jaden seufzte. Warum sollte er jedem auf die Nase binden, was passiert war? Es war vorbei, und es war besser, wenn nur er davon wusste.
Chazz war in ihr Zimmer gelaufen. >>Warum sagt er nichts?!<<, fluchte er und trat irgendetwas das auf dem Boden lag quer durch den Raum. Sein Blick fiel auf sein Bett. >>Oh, nein...<<
Schon wieder war das ganze Bett voller Blüten, diesmal dunkelblau. >>Blaue Rosen?<<, fragte er heiser und hob diesmal zwei Rosen von dem Laken. Die Kerze auf dem Tisch war weiß, und ein Zettel war, genau wie letztes Mal, beigelegt. Blaue Flecken waren auf ihr zu sehen, allerdings keine Nachricht, nur ein gekrümmtes Zeichen.
Das war doch einfach... nervend! Er brauchte keine Blumen, keine Kerzen, wobei diese nicht mal brannte. Er faltete das Laken zusammen, und schmiss es in den Wäschekorb. Die Kerze ließ er im Nachttisch verschwinden, den Zettel warf er in den Papierkorb. Plötzlich piepste etwas.
Er nahm seinen Kommunikator, wie ihn ein jeder Schüler, Referendar und Lehrer besaß, aus seiner Hosentasche. Zane erschien auf dem Bildschirm.
>>Chazz, ist Jaden bei dir?<<, kam es aus dem Gerät.
>>Nein, er ist auf der Krankenstation.<<, meinte der Schwarzhaarige.
Das Bild des Referendars schüttelte den Kopf. >>Er ist verschwunden. Man durchsucht schon das ganze Haus.<<
>>Aber ich war erst vor ein paar Minuten noch bei ihm!<<
>>Tut mir Leid, Chazz. Komm in die große Halle, wir treffen dich dort.<<
>>Ich bin unterwegs.<<
Chazz steckte den Kommunikator weg und machte sich auf den Weg.
Unten in der Halle angekommen, warteten Zane und Atticus bereits. >>Okay, da bist du. Hör zu, wir müssen uns beeilen. In zehn Minuten geht der Unterricht los, und dann können wir nicht mehr hier bleiben, auf jeden Fall ich nicht.<<
>>Ich schon.<<, sagte der Braunhaarige.
>>Okay. Also dürfen wir keine Zeit verlieren. Atticus wird euer Zimmer bewachen, um ihn abzufangen, da er ja dorthin wollte. Ich werde in den Überwachungsraum gehen, und mir die aktuellen Bandaufnahmen ansehen. Du sucht währenddessen draußen, klar?<<
Chazz nickte etwas verwirrt. <Überwachungsraum? Na klasse. Jetzt werden wir schon bewacht, also echt.> Schließlich trennten sich die drei uns gingen ihrer Wege. In zehn Minuten könnten sie nur noch zu zweit suchen. <Ob es nicht einfacher wäre, ihn ausrufen zu lassen? Jemand würde ihn sehen, es bemerken, Bescheid sagen und so...>
Auf dem Weg nach draußen dachte Chazz nicht mehr nach. Es war sowieso zu kompliziert, und unnütz. Er musste nur die Augen die Augen offen halten, und Jaden suchen und finden. Das zählte jetzt.
>>Danke, Rechal, du hilfst mir damit wirklich.<< Jaden bedankte bei dem älterem Franzosen, der ihm ein paar Anziehsachen geliehen hatte.
>>Kein Problem, hab ich gern gemacht.<< Rechal war ein Junge in Jadens Größe, allerdings ein Jahr älter. Er hatte blaue Augen und lange Blonde Haare, die zu einem Zopf zusammen gebunden waren. Er trug ein schwarzes Hemd und eine dunkle Hose. Seine Haut war blass, aber es passte zu ihm.
>>Hat einer was gemerkt?<<, fragte er.
>>Oh ja, Chazz. Er hat mich auf die Krankenstation gebracht, und dort hat er mich zur Rede stellen wollen.<<
>>Hast du was gesagt?<<
>>Was denkst du denn? Natürlich nicht!<<
Rechal atmete auf. >>Gut gemacht. Und wie geht es dir jetzt?<<
>>Naja, wenn ich ehrlich bin tut mir alles weh, aber ich hasse Krankenhäuser, und diese Krankenstation erst...<< Jaden seufzte und schüttelte sich, was Rechal zum Lachen brachte.
>>Naja. Wenn du Pech hast musst du noch öfter auf die Krankenstation.<<
>>Naja... wenn man bedenkt dass ich gestern noch Glück hatte...<<
Diesmal seufzte Rechal. >>Für dein erstes Mal war es noch ziemlich hoch gewonnen, obwohl du was abbekommen hast. Diejenigen, die ihr erstes Spiel verlieren, naja, die stehen meistens nicht mehr auf.<<
>>Hast mir nicht umsonst erklärt, dass man bei diesem >Sport< nur einen Fehler macht.<<
>>Tja.<< Rechal zuckte mit den Schultern. >>Ist nun mal so, kann ich nichts dran ändern.<<
>>Ich mach dir ja auch keinen Vorwurf daraus. Ich versteh ja um was es geht. Wenn ich ehrlich bin hab ich dir gestern zuerst überhaupt nicht geglaubt, bis dieser Typ aufgekreuzt ist.<<
>>Ich hätte mir auch nicht geglaubt. Aber es ist besser wenn jeder gute Duellant auf dieser Insel mir glauben würde. Dann wären weniger Menschen in Gefahr...<< Rechal setzte sich neben Jaden aufs Bett, und der Braunhaarige klopfte ihm auf die Schulter.
>>Wir halten sie auf, okay? Wir bekommen sie wieder.<<, sagte er aufmunternd.
>>Ich hoffe es... ich vermisse sie.<< Er legte das Gesicht in die Handflächen.
Jaden stand auf, und plötzlich ging die Tür auf. Eine der Begleiterinnen der Franzosen stand in der Tür.
>>Rechal, qui est-ce?<<, fragte sie. Jaden verstand nur Bahnhof. Rechal stand auf. >>Madame, c’est Jaden, un duelliste de l’académie.<<
>>Jaden, tu dis? Les Professeurs le cherchent. S’il te plaît, tu le ramènes? Merci.<<
Sie schloss die Tür. >>Sie hat gesagt, dass deine Lehrer dich suchen, Jaden. Ich soll dich zurück bringen.<<
>>Aha.<<
>>Willst du zurück?<<
>>Nö.<<
>>Was willst du denn?<<
Jaden grinste ihn an. >>Gehen wir in den Wald, und lass und völlig ungestört reden, okay?<<
Rechal nickte und führte ihn nach draußen, sodass es wirklich den Anschein hatte, er würde Jaden wegbringen.
>>Seien wir doch mal realistisch<<, seufzte Chazz nachdem er schon eine Viertelstunde draußen umher gelaufen war, >>So wie Jaden angezogen war, läuft der nicht einfach nach draußen oder so. Er ist hundert Pro in unser Zimmer, aber Atticus hätte sich gemeldet... Das ist so unlogisch!<< Er fluchte und trat einen Stein vor ihm weg ins Gebüsch. Er stand am Waldrand, und sah sich um. Hier war doch nichts! Sollte er dennoch weitersuchen?